„Ich bitte sie hier um etwas Geld, weil der ehrliche Weg doch schon immer der bessere war“, höre ich den Obdachlosen sagen, der von Waggon zu Waggon läuft um sich seinen Tageslohn einzusammeln.
Sich durch kriminelle Machenschaften seinen Unterhalt zu verdienen, das wollen die wenigsten. Das sagen sie jedenfalls.
Doch wenn manche Kaufmänner und –frauen in ihrer beruflichen Tätigkeit auf nicht ganz so ehrliche Art und Weise zu ihrem Erfolg kommen, inwiefern ist das nicht schon Betrug?
Wenn man sich die Vorgehensweise mancher Call- Center anschaut, hat man das Gefühl, dass die Kunden dort übers Ohr gehauen werden. Es wird bei dem Kunden angerufen und erklärt, man wäre der Gewinner eines Preisausschreibens, das es nicht gegeben hat, und hätte eine Reise gewonnen. Wenn der Call- Center- Agent dann auf den richtigen Kunden trifft, der zum einen bei so vielen Preisausschreiben mitgemacht hat, ohne noch genau zu wissen, bei welchen, und der sich zum anderen über seinen Gewinn ernsthaft freut, wird der Kunde schnell zum Kauf weiterer Lose zu anderen Veranstaltungen gedrängt. Ganz nach dem Motto „Sie haben doch schon mal was gewonnen.“ Oder „Sie brauchen ja auch noch Taschengeld für ihre Reise“. Und da setzt die Gier des Käufers ein. Einmal kann ich es ja noch probieren… Und so einfach steigen die Verkaufszahlen solcher Lose.
Man hört auch ganz viel von Beratern, die dem Kunden glaubhaft machen wollen, dass sie sich nicht von Provisionen der Gesellschaften locken lassen. Es muss aber ein großer Zufall sein, dass ein solcher Berater einer 70 Jährigen den vierten Bausparvertrag mit einer 15jährigen Laufzeit andrehte und sich somit genau eine solche fette Provision sicherte (wie es vor Kurzem von einem großen, namenhaften Bankunternehmen mit blauer Schrift auf gelben Hintergrund berichtet wurde). Da fragt man sich doch, wann diese Frau noch ihr Eigenheim bauen soll?
Ein weiteres Beispiel findet sich im Einzelhandel. Eine Frau verlässt mit einem anprobierten Kleid die Umkleidekabine und fragt die Verkäuferin, ob ihr das Kleid denn stehe. Die Verkäuferin schaut sich die Frau an, welche das Kleid mindestens in einer Nummer größer nehmen sollte, damit das schreckliche Blumenmuster nicht ganz so sehr aufträgt, und antwortet doch allen Ernstes, dass ihr das Kleid hervorragend stehe. Am besten nehme sie doch noch die grell gelben Schuhe dazu. Der Vorteil für die Verkäuferin: Die hässlichen Schuhe stauben schon seit drei Wochen als Restposten im Regal ein und nun würde sie sie endlich loswerden. Des Weiteren muss sie ja nicht in ihnen laufen!
Wenn man als Kunde dann aber doch mal auf einen Verkäufer trifft, der anstatt einer Versicherung gegen Einbruch der Dunkelheit lieber eine fundierte Berufsunfähigkeitsversicherung verkaufen möchte, oder auf eine Verkäuferin trifft, die zu einer Kleidernummer größer rät und ihnen den Tipp gibt, das Größenschild einfach rauszuschneiden, kann man wirklich froh sein. Dort kauft man dann auch gerne und öfter ein. Somit lohnt es sich auch für den Verkäufer.
Ehrlichkeit währt dann also doch am längsten…
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